von D. H. R.
Montag, 01.07.2019
Nachdem ich bereits zwei Tage Italien hinter mir habe, geht’s nun endlich los. Ich bin gespannt.
Vor Kursstart dachte ich mir, wäre es schön, noch einiges andere zu sehen und bin statt nach Florenz erst einmal nach Mailand geflogen und habe dort den Samstag verbracht.
Sonntag ging es dann mit dem Frecciarossa (Schnellzug) von Milano nach Firenze, ein Klacks. Und leider war damit mein Sonntag auch gegessen, denn bis ich in meiner Unterkunft angekommen war, war ich bei 38 Grad gefühlt dreimal gestorben.
Morgens in der Frühe ist es zum Glück auszuhalten. Also auf auf – Schule suchen. Ich dachte erst, dass ich mich bestimmt verlaufen würde, insbesondere da ich zu Fuß rund 25 Minuten einplanen musste. Aber siehe da – ich musste, man mag’s kaum glauben, immer nur geradeaus – frei nach dem Motto: Alle Wege führ’n nach Florenz (oder war das Rom?).
In der Schule angekommen, pünktlich, war ich trotzdem der Letzte. Zu zwölft sitzen wir da also in dem kleinen Däumchen und warten auf Iacopo’s Startschuss. Nach einigen organisatorischen Dingen geht es erst mal los mit einer ausführlichen Vorstellungsrunde: Letztlich sind wir zwei Ungarn, drei Portugiesinnen, drei Finninnen, eine Spanierin und ein Spanier, sowie eine Deutsche und ich, als Deutscher. Interessante Mischung.
Für mich persönlich ist es allein schon großartig genug, dass ich Italienisch, Spanisch und Portugiesisch an ein und demselben Ort praktizieren kann. Großartig!
Nach einer langwierigen Runde, geht’s endlich an Inhalte. Persönlich konnte ich davon jedoch nichts mitnehmen, geschweige denn gut gebrauchen. Der Großteil der Zeit ging letztendlich für die Vorstellung von Edmondo drauf, eine Kommunikationsplattform für Lehrkräfte und Lernende. Meiner Meinung nach auch relativ unspektakulär.
Persönlich hoffe ich, dass morgen der große Schub kommt und es endlich losgeht.
Warten wir es ab…
Dienstag, 02.07.2019
Nachdem ich tatsächlich von meinem gemieteten Apartment in ein Hotel gewechselt habe, geht es heute endlich an Themen im Kurs.
Zu Beginn möchte Iacopo mit uns über Handynutzung, soziale Medien und moderne Generationen reden. In Finnland hat fast jeder Erstklässler schon ein Handy und sie werden auch genutzt. In Deutschland und Frankreich sind diese jedoch an Schulen ja meist schon verboten. Ein Problem ist hier nicht nur die Ablenkungsgefahr per se, sondern vor allem auch die Verfügbarkeit von Falschinformation.
Von der allgemeinen Handynutzung kamen wir schnell zur Generation der Handys, des Social Media und des Internets. Zum Einstieg sahen wir hierzu ein Video über Millenials und ihr Verständnis von der Welt und ihr Selbstverständnis. Persönlich fand ich die ersten 90 Minuten sehr anstrengend und weit ab vom eigentlichen Thema. Nicht gut.
Im Anschluss haben wir uns den Rest des Tages mit verschiedenen Quiz-Tools beschäftigt. Da der Großteil des Kurses Kahoot! schon kannte, haben wir uns mit vornehmlich mit Quizlet und Quizziz beschäftigt und unsere eigenen Fragen entworfen. Das war tatsächlich echt super. Mehr Zeit war dann aber auch nicht mehr.
Nach einem fixen Mittagessen mit meiner wunderbaren spanischen Kollegin Elena ging es dann auf Stadtführung. 2 Stunden in sengender Hitze ging es um künstlerische und architektonische Feinheiten in Florenz – schön und nett, aber bei 38 Grad….
Tatsächlich haben Elena und ich den Abend dann auch noch gemeinsam verbracht, gut gegessen und sogar gefeiert. Incredible!
Mittwoch, 03.07.2019
Ausschlafen. Da unser Kurs Mittwoch, Donnerstag und Freitag nachmittags von 14:00 bis 19:00 Uhr ist, kann man doch ganz gut etwas länger schlafen, insbesondere, wenn man das Florenzer Nachtleben ausprobiert hat.
Allerdings ist der Schulweg in sengender Mittagshitze dann doch nicht so toll, was mich dazu bewogen hat, den Bus zu nehmen. Puh!
Los geht’s! Heute geht es rund um Videos im Unterricht. Den Start macht natürlich YouTube und das Erstellen von Playlisten und so weiter. Ehrlich gesagt, für jüngere Generationen etwas lahm, das kennt man dann doch. Darüber hinaus ist dies lediglich eine Methode der Selbstorganisation und hat wenig mit dem Einsatz im Unterricht zu tun.
Teil zwei macht TED-ed. Eine Unterrichtseinsatzmethode von TED. Hier kann man direkt Unterrichtseinheiten und Stunden rund um ein Video planen. Es können Quizfragen erstellt, weiterführende Links hinzugefügt und Diskussionsmöglichkeiten integriert werden. Grundsätzlich eine tolle Idee, jedoch fiel es uns allen schwer das Ganze zu verstehen, insbesondere da Iacopo es nicht wirklich gut eingeführt hatte. Dennoch habe ich mich am Ende dazu durchringen können eine von mir bereits gehaltene Stunde neu aufzulegen. Hierzu habe ich ein Interview mit der chilenischen Schriftstellerin Isabel Allende genutzt. Das funktionierte ganz gut.
Last but not least: Edpuzzle. Edpuzzle arbeitet auch mit Videos und bietet hier Möglichkeiten zu schneiden, Fragen mitten im Video zu stellen, Texte und Audio zu ergänzen. Sollte ein Teilnehmer das erstellte Video ansehen, so kann die Lehrkraft genau nachverfolgen, wie viel und wie oft das Video oder einzelne Teile davon gesehen wurden. Ebenso kann man die beantworteten Fragen auswerten und Noten vergeben. Klasse. Das gefällt mir. Allerdings war dies noch komplizierter als TED-ed und die Gruppe tat sich sichtlich schwer etwas zu erstellen, insbesondere da auch hier die Erklärungen wieder zu spärlich waren.
Hoffen wir mal, dass es morgen besser wird. Ich bleibe am Ball!
Donnerstag, 04.07.2019
Die Hälfte der geplanten Zeit ist um und es geht in den vierten Schulungstag. Nachdem der bereits dritte Tag mich doch eher gelangweilt hat, hoffe ich, dass nun endlich eine Wendung kommt.
Nach einem knappen Frühstück bei Caffè freddo mit meiner Kollegin Elena aus Spanien geht’s zum Kurs – heute steht das ein oder andere auf dem Programm.
Los geht’s mit Trello – einem Programm das eigentlich eher von Organisationen, Firmen oder Arbeitsgruppen zur Aufgabenbearbeitung, -übersicht und -teilung genutzt wird. Iacopo zeigt uns jedoch, dass dieses auch für den Unterricht genutzt werden kann, wenn man den Teilnehmern hierüber Aufgaben stellt und diese bearbeiten lässt. Man könnte theoretisch auch eine Lernstandsübersicht anlegen. Allerdings finde ich das ganze System für die VHS eher ungeeignet und diskutiere hierüber auch mit KollegInnen. In der Sekundarstufe II wäre dies sicherlich nützlich – bei uns an der VHS eher nicht.
Im zweiten Teil geht es um den Nutzen von Augmented Reality. Mit HP Reveal kann man Bilder aufnehmen und interaktiv mit Videos hinterlegen. Heißt: Wenn ein Teilnehmer mit seinem Handy eins der Bilder scannen würde, würde das von der Lehrkraft hinterlegte Lernvideo aufklappen und loslaufen. Sehr interessant und äußerst modern – persönlich sehe ich hier große Kompetenzen für den Geschichtsunterricht. Oder auch für die Naturwissenschaften. Tatsächlich könnte ich mir auch vorstellen, dass ich dies in einem meiner Literaturkurse einarbeiten würde.
Mehrfach stellen wir jedoch fest, dass der Umgang mit der App und Fehlerquellen nicht ganz einfach sind. Deshalb kostet es komplette 90 Minuten bis wir auch nur halbwegs etwas zustande bekommen – ist das sinnvoll?
Zum Abschluss führt Iacopo das Designtool Canova ein, mit dem Zertifikate, Materialien und ähnliches supereinfach superschnell und supermodern designt werden können. Ups! Das kenne ich tatsächlich schon, da ich Canova bereits seit 2015 kenne. Wie schade. Iacopo merkt mir das jedoch an und gibt mir schnell einen Arbeitsauftrag – ich solle mich mit LyricsTraining beschäftigen. Und ich muss sagen – das ist etwas, wonach ich immer gesucht habe! Ich habe mich sofort verliebt. Der Hammer. Es können YouTube-Musikvideos mit den Songtexten hinterlegt und synchronisiert werden, so dass online oder auch in ausgedruckter Form Lücken ausgefüllt werden müssen. Das war für mich bisher immer müßige Arbeit – jetzt ist das auf einmal ganz easy. Ich bin happy und zufrieden.
Abends geht es dann fein essen. Großartig.
Freitag, 05.07.2019
So langsam kommt das Ende näher und mir wird bewusst, wie sehr mir meine Kollegin Elena aus Spanien ans Herz gewachsen ist. Unglaublich. Wie gut, dass wir noch ein bisschen Zeit haben.
In unserem letzten Unterricht soll es abschließend nochmal um LyricsTranslate gehen, welches ich bereits am Vortag schon ausprobiert hatte. Trotzdem nochmal ganz nett, um sich noch etwas reinzufuchsen. Darüberhinaus geht es um Apps die nur Auf Handy und/oder Tablet und eben nicht am PC nutzbar sind und auch speziell nur für ein Fach nutzbar sind. Da haben wir mehrere Mathematik-, Geografie-, Sprach-, und Geschichtsapps. Unspektakulär. Die einzige Sprachapp die Iacopo vorstellt macht sich Geschichten in Mutter- und Fremdsprache zu Nutze und ist nun für A1/A2 nach GER tatsächlich gar nicht geeignet. Mannomann.
Die Website learning apps ist dann doch noch sehr funktional. Hier kann man auf eine Riesenauswahl Miniübungen zu allen möglichen Fächern zurückgreifen. Und sogar selbst welche erstellen, was supereinfach ist. Elena und ich erstellen sofort für den Spanischunterricht ein Geografiespiel zu Südamerika. Und als Geografielehrer muss Iacopo natürlich ranhalten – und verliert gegen den Computer. Yes! 😉
Abschließend fordert er mich dann auch noch auf, doch mal die App vorzustellen, von der ich immer so schwärmte. Auch das noch – aber ich mache es natürlich gern. Eine meiner Lieblingsapps ist Drops. Drops ist im Gegensatz zu Duolingo und anderen eine reine Vokabellern-App. Und hebt sich durch ihr einzigartiges System von den üblichen Karteikarten-Apps ab. Echt klasse. Die Kollegen finden es super.
Damit kommen wir dann auch zur feierlichen Urkundenübergabe und Verabschiedung. Schade, so schnell ging alles vorüber.
Die ersten verabschieden sich schon, die meisten sehen wir aber am Samstag nochmal auf unserer Exkursionsfahrt wieder. Ich bin gespannt.
Samstag, 06.07.2019
Früh aufstehen – auch das noch. Ich hatte mich gerade daran gewöhnt, dass der Unterricht um 14:00 Uhr beginnt, da geht die Exkursion jetzt um 8:45 Uhr los. Und da der Treffpunkt im Westen der Stadt ist, muss ich tatsächlich das Taxi bedienen um dort hinzukommen. Und der erste Eindruck war für mich persönlich ganz gemischt.
Kaum ausgestiegen wurden wir von Gloria überfallen. Unserer Reiseleiterin, die unsere Tour in Italienisch, Spanisch und Englisch moderierte. Gekonnt war davon leider nur Italienisch, der Rest mit extremem Akzent und vielen Fehlern. Oh nein.
Dennoch geht es pünktlich los, mit rund 50 Leuten im Doppeldecker.
Erster Stop: SAN GIMIGNANO: Ein kleines verschlafenes Städtchen im Süden von Florenz, berühmt für seine Geschwistertürme und eine traumhafte Altstadt mit großartiger Aussicht über die Toskana. Hier möchte man verweilen. Aber nein! Gloria und ihre Kollegin Giulia haben uns mehrfach darauf hingewiesen, dass „se compänie is not älloued to weit moree dhen fäiveh minets.“ Deshalb schnell und pünktlich zum Bus zurück.
Weiter geht es zu einem kleinen Burgdörfchen, wo wir tatsächlich 35 Minuten verbrachten. Es war so unspektakulär, dass ich mir nicht mal den Namen merken konnte. Und tatsächlich fehlt hier auch schon die erste Teilnehmerin aus den USA, sodass sich unsere Abfahrt um 5 Minuten verzögert.
Mittagessen gibt es dann inklusive Weinverkostung auf einem Weingut in der Region Chianti – berühmt für den gleichnamigen Wein. Das ganze Ding ist darauf ausgerichtet, für große Touristengruppen Weinproben auszurichten. Haken ist jedoch, dass nicht wirklich probiert wird, sondern man einfach drei verschiedene vorgesetzt bekommt – und nicht nippt, sondern ganze Gläser hat. Auweia. Dazu Nudeln nach deutscher Machart (also mehr als al dente) und einen dürftigen Antipasti-Teller. Im Großen und Ganzen war es supernett – jedoch nervte mich das ständige Anpreisen der Weine, Essigs und Öle so sehr, dass ich zwischenzeitlich den Raum verlassen musste. Ich fühlte mich sehr auf einer Ü60-Kaffeefahrt. Ohje.
Und dennoch: Beim Essen lernten wir Yolanda aus Barcelona kennen, die einen anderen Kurs besucht hatte. Und verstanden uns auf Anhieb gut. Den Rest des Nachmittags verbrachten wir tatsächlich sogar gemeinsam. Welch Schicksalswendung 🙂
Weitergeht nach Siena. Eine schöne, wirklich schöne Stadt. Da nun aber die große Mittagshitze bzw. Nachmittagshitze über uns hing, seilten wir uns ab und verbrachten einen eher „spanischen“ Nachmittag in einer Bar, von deren Balkon wir einen phänomenalen Ausblick auf die Piazza hatten. Man fühlte sich tatsächlich etwas königlich.
Wir schauten uns noch die Stadt an und trafen kurz nach 18 Uhr unsere Reisegruppe wieder um den Rückweg anzutreten.
Somit ging also der letzte Tag zu Ende und tatsächlich kam am Abend noch die große Sentimentalität. Elena und ich sind uns so ans Herz gewachsen, dass wir uns die ein oder andere Träne nicht verkneifen konnten. Was uns aber schon klar ist – zwischen Kiel und Alicante wird uns ab sofort ein Band verbinden. Wir haben uns gefunden und werden uns nicht wieder verlieren. Danke dafür, Erasmus+!
Sonntag 07.07.2019
Rückreise. Juhu. Los geht’s. Oder auch nicht. Ich habe tatsächlich alle Pläne über den Haufen geworfen, spontan beschlossen noch drei Tage zu bleiben. So gut gefällt es mir. Wie schön.
Kurze Zeit später kommt tatsächlich auch eine Mail von Eurowings – mein Flug wurde gecancelt. Als hätte ich es gewusst. Es sollte halt so sein. Traumhaft.