Project-Based Learning (PBL) in Museums and Culutral Heritage Sites, Rom

von Inga Feldmann

Als Leiterin der vhs-Kunstschule der Förde-vhs in Kiel arbeiten wir vernetzt auch mit den Museen der Stadt. Da viele Menschen jedoch keinen Zugang zu Museen haben, finde ich es interessant zu erfahren, ob es andere Zugangswege geben könnte und habe mich daher für diesen Kurs entschieden.

Sonntag, der 07.07.24

Ankunft in Rom am Abend. Die Anreise verläuft sehr gut, das erste, was mich auf dem Flughafen in Rom beeindruckt, sind die Toiletten: es gibt eine digitale Anzeige, wie viele Kabinen frei sind! Mit dem Bus fahre ich in das Stadtzentrum und entscheide mich dann zu Fuß mein Hotel zu suchen – habe jedoch nicht bedacht, wie heiß es auch um 17:00 noch sein kann. Wärmeschock! Es muss sofort ein Eis gegessen werden – glücklicherweise gibt es hier überall ganz wunderbare Eisdielen, die kleine Kugeln für „nur“ 3 € verkaufen. Nach einer kleinen Verschnaufpause im Hotel wage ich mich wieder hinaus in die Wärme und laufe zum Trevi Brunnen, an dem unglaublich viele Menschen Selfiebedürfnisse haben und zur spanischen Treppe – auf der trotz Sitzverbot erschöpfte Touristen sitzen, die regelmäßig von einer Polizistin aufgescheucht werden.

In einer Seitenstraße esse ich meine erste Pizza mit Büffelmozzarella – lecker!

Montag, der 08.07.2024

Gegenüber von meinem Hotel trinke ich einen Cappuccino und pünktlich um 9:00 Uhr startet der Kurs mit 14 Teilnehmerinnen aus Slowenien, Irland, Österreich, Bulgarien, Spanien und der Slowakei.

Unsere Trainerin, Marianna Panagiotoudi, studiert Kunst in Rom und kommt ursprünglich aus Griechenland. Nach einigen Kennenlernspielen präsentieren wir unsere Schulen/ Bildungseinrichtungen.

Interessant ist eine Gemeinsamkeit: die Kinder können immer weniger lesen, daher gibt es an vielen Schulen extra Zeiten, in denen unter Aufsicht gelesen wird – jedes Kind bringt ein Buch mit oder kann es in der Klasse ausleihen.

Marianna gibt uns eine Einführung in das Thema kulturelles Erbe, indem wir gemeinsam überlegen, wie Kultur und kulturelles Erbe definiert werden können. Wir werden aufgefordert darüber nachzudenken, welche immateriellen Aspekte von Kultur es in unseren jeweiligen Ländern gibt – bestimmte Rituale, Feste etc. Mir fällt leider das Oktoberfest ein, mit dem man als Deutsche immer wieder identifiziert wird, Bier und Fußball.

Anhand der Online Liste der Weltkulturerbestätten suchen wir für unser Land die Orte, die wir kennen. Wir sprechen über die Bedeutung von kulturellem Erbe, was dieses für unsere Identität bedeutet. Im Unterricht kann es, wenn es viele Personen mit unterschiedlicher Herkunft gibt, eine interessante Frage sein und dazu führen, dass man sich besser versteht. Es ermöglicht der einzelnen Person, sich mit seinen Wurzeln zu verbinden und fördert das Zugehörigkeitsgefühl und den Stolz auf sein kulturelles Erbe.

Wir betrachten die Geschichte der Museen: diese sollen heutzutage eher „Spaceships“ sein – die Zukunft mitdenken und insgesamt ein Ort für materielles und immaterielles Kulturerbe, der alle anspricht, zugänglich und inklusiv, diversitätsfördernd und nachhaltig. Die Erfahrung der meisten Lehrkräfte ist jedoch, dass insbesondere Schüler*innen Museen als langweilige Orte empfinden.

An diesem Punkt werden wir mit dem projektbasierten Lernen ansetzen – um den Ort „Museum“ interessanter zu gestalten. Zum Ende des Kurstages werden wir aufgefordert, für die gesamte Woche ein Padlet zu erstellen; dies soll Rom mit allen Sinnen beinhalten.

Nach einer kurzen Pause im Hotel fahre ich in das beliebte Künstlerviertel Trastevere und finde kleine schattige Gassen und Streetart an einigen Häusern. 

Dienstag, der 9. Juli 2024

Ich wollte nicht mehr frieren, also darf ich nicht jammern… die Hitze ist jedoch so groß, dass es ein wenig das Gehirn lähmt. Selbst im Schatten im Park ist es zu heiß – tagsüber hält man es nur in klimatisierten Räumen ( Museen 🙂 ) oder im Schulungsraum aus.

Wir starten mit einem Input zum Thema Project based learning (PBL), lernen den Unterschied zwischen einem Projekt und projektbasiertem Lernen kennen. Es ist eine Methode, bei der Personen in Kleingruppen arbeiten, um Wissens- und Problemlösungsfähigkeiten zu erwerben. Sie sollen weitgehend selbständig Antworten finden und diese öffentlich präsentieren. Erfunden hat die Methode John Dewey, ein amerikanischer Philosoph und Pädagoge, der sich für die Demokratisierung sämtlicher Lebensbereich einsetzte.

Die herausfordernde Frage bzw. das Thema wird durch die Lehrkraft gestellt. Die Rahmenbedingungen werden definiert, Kleingruppen werden gebildet. Die Projektphasen werden durch die Lehrkraft begleitet, es soll jedoch möglichst viel Freiraum für Ideen gelassen werden, um auch den inneren Anschluss an das Thema zu ermöglichen. Die Lehrkraft gibt Feedback und Hilfestellungen. Nach der Präsentation gibt es noch ein Kritikgespräch.

Als praktische Übung bekommen wir die Aufgabe, zu dem Oberthema „Rome now and then“ herausfordernde Fragen zu formulieren. Es kommen beispielsweise Themen wie „das Nachtleben in Rom früher und heute“. Mit welchem Thema wir uns beschäftigen wird vertagt, da wir in das Museum Barberini gehen und dort die Aufgabe haben, uns kritisch mit einem selbstgewählten Bild auseinanderzusetzen anhand eines Fragebogens. Ich wähle das Bild von Raffaello Sanzio, Porträt einer jungen Dame mit einem Einhorn.

Im Barberini Museum hält sich jedoch noch ein anderes Porträt auf:

Erasmus, gemalt von Quentin Metsys!

 

Am frühen Abend besuche ich die Ausstellung von Carla Accardi im Palazzo Esposizioni Roma. Sie war eine feministische Künstlerin, eine herausragende Protagonistin der italienischen und internationalen visuellen Kultur.

Negativo-Positivo, 1957-1958 Carla Accardi

 

Mittwoch, der 10. Juli 2024

Heute startet das Programm erst um 14:00 Uhr, da wir 38 Grad erwarten… Ich habe vormittags um 9:00 Uhr eine Tour im Kolosseum gebucht. Es wurde uns die grausame Situation der Sklaven, Gladiatoren und wilden Tiere erläutert – ganz gut, dass durch die Christianisierung diese Grausamkeiten ein Ende fanden. Gegen 11:00 Uhr ist es bereits so warm, dass es nur noch durch viel Eis und ganz langsames Schlendern zu ertragen ist.

Das Kolosseum

Im Kurs geht es um Definitionen von Kunst. Kimon Nikolaides: „Die Kunst bildet nicht das Sichtbare ab, sondern macht sichtbar, was nicht so leicht zu sehen ist.“ Es macht einen Unterschied, ob man ein Bild eines Kunstwerks in einem Lehrbuch sieht oder ob man direkt davor steht – die emotionale Verbindung ist dann wesentlich stärker.

Die Schlüssel-Elemente von projektbasiertem Lernen sind folgende:

Real World Context: Das Museum bietet authentische, reale Kontexte für das Lernen. Forschendes Lernen: PBL ermutigt die Schüler/ Teilnehmenden, Fragen zu stellen, zu recherchieren und Themen zu vertiefen. Das Museum kann dies erleichtern, indem es geführte Fragestunden, interaktive Ausstellungen und Zugang zu Experten anbietet. Kolloborative Projekte, Interdiziplinäres Lernen, Kritisches Denken und Problemlösungskompetenz sind weitere Elemente.

Verschiedene Themengebiete könnten für PBL geeignet sein:

Museen und Umwelt, Museen und Geschichte, Museen und Stereotype, Museen und Technologie, Kuratierung von Ausstellungen, Museen und Wissensvermittlung

Wir diskutieren mögliche Fragestellungen für PBL, prüfen die Umsetzbarkeit. Die Frage der Zugänglichkeit und Verständlichkeit von Museen wird thematisiert – gibt es beispielsweise Erklärungen in einfacher Sprache?

Mit der App Goosechase entdecken wir in Kleingruppen kulturelle Orte. Am Ende landen wir alle in einer kleinen Seitenstraße und essen Suppli und Pizza und unterhalten uns angeregt über die Bildungsmiseren in den verschiedenen Ländern. Ein Problem in Irland ist beispielsweise, dass sich Lehrer*innen keine Wohnung mehr in den Städten leisten können, da die Preise explodiert sind. Dies ist in Spanien ebenfalls problematisch, daher gibt es beispielsweise auf Mallorca nicht genügend Lehrkräfte.

 

Donnerstag, der 11. Juli 2024

Heute geht es um digitale Tools- wir üben die Erstellung eines Goosechase Events. Nachdem wir gestern erfolgreich in Teams die App ausprobiert haben, ist es relativ einfach, selbst so eine Art digitale Schnitzeljagd zu erstellen. Dies könnte man beispielsweise in Kiel für Touristen, vhs Kurse  oder Schulklassen anbieten mit verschiedenen Aufgaben.

Die nächste Seite, die wir entdecken, ist Google Arts and Culture – ein großer Schatz an Museen, Kunstwerken, Themen mit Spielen wie „Was kam zuerst?“ bei dem 2 Bilder gezeigt werden und man raten muss – oder Geo Artwork, bei dem man auf einer Weltkarte angeben soll, wo ein Bild erstellt wurde – sehr spannend!

Auch die App Artsteps ist für mich sehr spannend – es geht darum, eine eigene virtuelle Ausstellung zu erstellen. Dies wäre auch für ein Ergebnis einer PBL eine schöne Möglichkeit.

Wir gehen nochmal die Schritte einer PBL durch und haben dann die Aufgabe, eine PBL zu erstellen.

Mithilfe der App Padlet erstelle ich eine PBL zu dem Thema Streetart in Kiel.

https://padlet.com/feldmanninga00/pbl-street-art-in-kiel-y2dkh98ms1rlq10d

Freitag, der 12. Juli

Wir starten heute mit dem Thema, wie PBL Projekte ausgewertet werden können. Unter anderem geht es darum, die Art der Zusammenarbeit auszuwerten, es gibt dafür eine Vorlage über stem.org.uk. Dies ist glücklicherweise in Volkshochschulen nicht relevant.

Anschließend wird jedes einzelne PBL Vorhaben vorgestellt und überprüft, ob dies so möglich wäre. Wichtig ist immer wieder die Ergebnisoffenheit – es soll öffentlich präsentiert werden – aber was und wie ist Sache der Teilnehmenden. Auch die Bewertung mit Noten in Schulklassen ist gerade bei einer Teamarbeit schwierig.

Wir stellen alle unsere Padlets vor, die wir während der Woche erstellt haben:

https://padlet.com/feldmanninga00/rom-in-july-o649dwqtq22uv108

Die Übung „Art detectives“, die wir im Palazzo Barberini durchgeführt haben, wird analysiert. Es hat Spaß gemacht, sich ein Kunstwerk auszusuchen und viele Fragen dazu zu beantworten.

Wir überreichen uns gegenseitig unsere Teilnahmebescheinigungen und verabschieden uns herzlich.

Samstag, der 13. Juli

Die Aufgabe ist heute, alleine mit dem uns zur Verfügung gestellten Roma Pass viele kulturelle Stätten zu besuchen. Ich habe mich für die Sixtinische Kapelle, die vatikanischen Museen und die Kunst in der Galerie Borghese entschieden. Der Zugang zum Vatikan ist nicht einfach – durch mehrere Sicherheitsschleusen gesichert gelangen wir nach 30 Minuten in den Innenhof. Die Galerien sind sehr beeindruckend, in einer Galerie sind die einzelnen Teile Italiens aufgemalt – mit dem Wissen von damals. Überall sind Marmorbüsten – ein unglaublicher Reichtum in den Museen, welcher lange Zeit nicht öffentlich zugänglich war. Die Sixtinische Kapelle ist sehr beeindruckend, die Gemälde sind in nur 4 Jahren entstanden.

In der Galerie Borghese sind u.a. Bilder von Caravaggio, diese interessieren mich besonders.  Insgesamt ist das Museum wohl eines der schönsten der Welt, unglaublich prunkvoll ausgestattet.

Abends habe ich mir vorgenommen, das Konzert von Ludovico Einaudi zu besuchen im Auditorium – der Freilichtbühne im Norden Roms. Auf dem Weg dahin in der Metro kommt es leider zu einer Massenpanik, da zwei Gruppen von jugendlichen Taschendieben sich bekriegen und Touristen angreifen. Ich schaffe es aus der Metro zu flüchten… ein ziemlicher Schock. Ich schaffe es zu Fuß und mit dem Bus noch rechtzeitig zum Konzert – der Schreck sitzt mir jedoch in den Knochen….

Sonntag, der 14. Juli

Abreisetag…

Was nehme ich mit aus diesen 7 Tagen in Rom? Die Stadt ist zurecht ein Weltkulturerbe, man kommt aus dem Staunen nicht heraus. Mitte Juli bei 38 Grad ist es allerdings eine Herausforderung, den Kurs zu besuchen und möglichst viel von der Kultur der Stadt erleben zu wollen.

Ich kann mir gut vorstellen, eine digitale Schatzsuche zum Thema Kunst im öffentlichen Raum in Kiel zu organisieren. Ein PBL Projekt könnte in Kooperation mit einer Schulklasse oder einem vhs Kunstkurs das Thema Street Art in Kiel sein. Mithilfe der Spiele bei Google Arts and Culture können beispielsweise Bilder auf interessante Weise vermittelt werden. Mit Artsteps könnten wir virtuelle Ausstellungen erstellen.

Ein interessanter Aspekt von Erasmus+ ist der emanzipatorische – es nehmen häufig Frauen teil, die zum ersten Mal ohne Familie oder Partner*in unterwegs sind, etwas lernen und die Stadt erkunden. Ich finde dies erwähnenswert, da wir von der Gleichberechtigung in Europa immer noch weit entfernt sind.