von S. G.
Tag 1
Bei strahlendem Sonnenschein und Temperaturen um die 28 Grad komme ich in Oslo an. Mit dem Flybussen geht es auch gleich weiter zu meiner Übernachtungsgelegenheit bei einer Freundin, die keine 10 Minuten mit der Bahn von Oslo S (Hauptbahnhof) entfernt wohnt. Standesgemäß gibt es natürlich frischen Lachs zum Abendessen.
Am nächsten Tag geht es dann richtig los. Die Schule, in der ich hospitieren darf, heißt Voksenopplæringssenteret Sandvika und gehört zu der Kommune Bærum in Akershus. Die Schule ist nur ein Teil eines großen und modernen Weiterbildungszentrums für Kultur, Musik, Sprache und Beruf. Zu dem Erwachsenenbildungsbereich, in den ich eine Woche mit reinschauen darf, gehören rund 70 Norwegischlehrer und um die 1200 Sprachkursteilnehmer.
Der Unterricht fängt genau wie bei uns um 8:30 Uhr an, endet aber schon etwas früher um 12:00 Uhr. Viele Teilnehmer haben allerdings auch noch am Nachmittag zusätzlich Unterricht, da noch weitere Lernangebote zur Verfügung stehen. So setzt sich der Kurs zum Beispiel aus 12 Stunden Sprachunterricht, 8 Stunden „Fit für den Alltag“, weiteren 8 Stunden „Schwimmen, Verkehrsregeln etc.“ und 2 Tagen Praktikum zusammen.
Als ich kurz nach 8:00 Uhr unten an der Rezeption ankomme, werde ich eine Etage höher geschickt, um mich mit meiner Ansprechpartnerin zu treffen. Sie ist ebenfalls Norwegischlehrerin, spricht aber auch perfekt Deutsch. Nachdem sie mich etwas rumgeführt hat, werde ich auch den vielen anderen Lehrern, die uns übern Weg laufen, vorgestellt. Viele von ihnen kennen ein paar deutsche Wörter und können auch die deutschen Präpositionen in einer Art Singsang aufsagen. Ich probiere ebenfalls mein Können und stelle mich auf Norwegisch vor, wobei ich gleich freudig erzähle, dass ich auf einer Freundin von mir wohne anstatt bei ihr. Besser läuft es dann im Unterricht selber, da ich mich unerwarteter Weise auf Deutsch vorstellen soll und die Teilnehmer danach die Ähnlichkeiten zwischen dem Deutschen und Norwegischen feststellen sollen.
Und spätestens jetzt spielen digitale Medien einen großen Part im Unterricht. So wird meine Vorstellung gleich von der Dozentin mit ihrem iPad aufgenommen und vorne auf einem großen Bildschirm wiedergeben. Für mich etwas ungewohnt, die Teilnehmer scheinen davon aber nur bedingt beeindruckt zu sein, wenn sie auch von den Gemeinsamkeiten zur deutschen Sprache durchaus begeistert sind.
So ein iPad hat dort übrigens jeder einzelne Teilnehmer und darf es auch zum weiteren Lernen mit nach Hause nehmen. Das ganze Lehrbuch ist digital verfügbar mit Schreib-, Hör-, Lese- und Sprachübungen. Je nach Niveau kann der Schwierigkeitsgrad auch angepasst werden. Sehr gefallen hat mir die Möglichkeit der Sprachaufnahmen der Teilnehmer, die diese dann ihrer Lehrerin schicken können. So kann sich die Lehrerin diese dann später zu Hause in Ruhe anhören und individuell auf die Bedürfnisse jedes einzelnen eingehen ohne Zeit im Unterricht mit Vorlesen zu verschwenden.
Während des gesamten Unterrichts werden übrigens alle Aufgaben vorne am Bildschirm angezeigt und durch das iPad von der Dozentin gesteuert. Die Atmosphäre ist dabei ausgelassen und die Dozentin geht mit viel Freude und Erfahrung vor. So vergeht der Vormittag mit Hörübung und Textverstehen rund um das Thema Jobwechsel. Dann geht es in die Mittagspause mit einem der wichtigsten Getränke für die Norweger überhaupt: Kaffee. Im Aufenthaltsraum für die Lehrer kommen dann auch immer mehr Menschen mit vielen Fragen über mich und die Sprachvermittlung an meiner vhs.
Nach der Mittagspause nimmt sich noch eine weitere liebe Kollegin Zeit, um mir die Einrichtung und Verwaltung ein wenig näher zu zeigen… Praktischerweise kann sie ebenfalls Deutsch und bleibt sogar eine Stunde länger für mich auf der Arbeit. Ich fühle mich hier definitiv herzlich willkommen und bin schon sehr gespannt auf die nächsten Tage.
Tag 2
Die Fahrstuhltür öffnet sich und freudig strahlend erwartet mich meine zweite Norwegischdozentin für diesen Tag. Sie ist die erste von insgesamt zwei Dozentinnen, denen ich heute beim Unterricht zuschauen darf. Ihre Gruppe ist etwas fortgeschrittener und ungefähr auf dem Niveau A2. Nach einer kurzen Vorstellung und ein paar Fragen wie es dazu kam, dass ich Norwegisch gelernt habe, geht es mit einer Leseaufgabe los. Die TN sollen den Text nochmal auf ihrem iPad durchlesen und danach mündlich wiedergeben, worum es darin geht. Schwierige Wörter werden dabei mit dem passenden Synonym an das Smartboard geschrieben, welches zusätzlich zum Bildschirm vorne angebracht ist. Gleich daneben ist noch ein kleines Whiteboard, welchem aber keinerlei Beachtung weiter geschenkt wird (bislang benutzten die Dozentinnen ausschließlich digitale Medien). Die zwei Texte, die die Gruppe bearbeiten soll, drehen sich um das Thema Interkulturalität und wie unterschiedliche Nationalitäten miteinander umgehen sollten.
Danach ist Dozenten- und Raumwechsel für mich angesagt. Selbstverständlich wird auch hier ausschließlich mit dem iPad gearbeitet, aber diese Klasse benutzt zusätzlich noch das Buch dazu, wenn auch nicht an diesem Tag. Aufgabe für die Teilnehmer ist jetzt wieder Textverständnis und Wortfindung. Dazu hören sich unter anderem die TN den Text auf ihrem iPad an und sollen sich anschließend zum Vergleich selber filmen. Auch hier arbeitet die Gruppe wieder selbständig und ruhig, sodass ein wirklich angenehmes Lernklima herrscht. Zum Schluss lesen dann noch ein paar mutige Teilnehmer den Dialog vor…ich natürlich auch.
Noch besser wird es dann während der Pause, da perfekter Weise heute kakedagen ist… Kuchentag. So kommt man noch viel besser mit den anderen ins Gespräch 🙂
So lerne ich auch eine junge Logopädin/Aussprachetrainerin kennen, die ebenfalls mit ihrem Team im Gebäude zu finden ist. Generell sind alle wichtigen Ansprechpartner für die Dozentinnen als auch die Teilnehmer unter einem Dach und arbeiten eng miteinander zusammen.
Am Ende gibt es noch eine Besprechung mit den Dozentinnen bezüglich der Rückgabe der iPads, da die Schule demnächst in die Sommerpause geht. Und dann heißt es Feierabend machen und das herrliche Wetter genießen…oder fast. Morgen darf ich nämlich meine Präsentation zum deutschen Sprachvermittlungssystem halten und muss sie dementsprechend noch schnell vorbereiten.