Malta: Empowerment in ICT Skills (5)

Von S.-R. P.-N.

Tag 1

„Malta. Warum eigentlich Malta?“, frage ich mich beim Anflug auf Vallettas Flughafen. Unter mir karges Land, ein scheinbar inselfüllendes Häusermeer, kaum Vegetation. Natürlich hatte ich vor meiner Reise einiges über das Land gelesen, wusste, dass es trocken ist, kaum Tiere hier leben können, Felsen die Insellandschaft bestimmen, aber das, was ich vom Flugzeug aus sehe, übertrifft meine geringen Erwartungen noch.

Als ich Frau Francke vom Landesverband vor etlichen Monaten mitteilte, dass ich am Programm Erasmus+ digital teilnehmen möchte, hat sie mir spontan das Executive Training Institute, eti, auf Malta, empfohlen. Dafür war ich sehr dankbar, denn ich wollte nicht wieder so lange nach einem Ziel für meine Fortbildung suchen wie beim letzten Programm, an dem ich teilgenommen hatte. Und mein Englisch könnte ich dort auch testen. Außerdem dachte ich, da scheint auf alle Fälle schon einmal die Sonne. Es war gerade Winter in Norddeutschland, da denkt man so etwas. Also Malta. Nun bin ich hier.

Vom Institut habe ich nach dem ersten Tag tatsächlich einen guten Eindruck. Es ist zwar recht groß, bietet in etlichen Klassenräumen Kurse für Englisch an und eben solche wie meinen, Empowerment in ICT Skills; und dennoch herrscht sehr entspannte Stimmung, alle Verantwortlichen sind jederzeit ansprechbar und hilfsbereit. Außerdem ist es gut organisiert und strukturiert und beschäftigt freundliche Menschen, die sich offenbar mit ihrem Fach auskennen.

An diesem ersten Schultag haben wir nach ein paar technischen Anfangsschwierigkeiten eine eigene Webseite erstellt. Das war ziemlich interessant, teilweise hatte ich geradezu Spaß daran, mit den verschiedenen Tools herumzuexperimentieren und auszuprobieren, was möglich ist. Morgen sollen wir lernen, einen Blog zu schreiben, ich bin gespannt und hoffe, dass mich auch das bereichern wird.

Aber ich bin vor allem immer noch ermattet und beinah sprachlos angesichts der schlimmen Eindrücke, die ich seit meiner Ankunft gestern hatte. Die Fahrt im Instituts-Minibus vom Flughafen zu den Unterkünften der Fahrgäste bestätigt leider meinen ersten Blick auf Maltas Stadt, ein trauriges Durcheinander von lustlos hingestellten Neubauten, Häuserruinen, Baustellen, Brachflächen.

Die Annahme, die große Stadt auf Malta hieße Valletta, ist falsch. Tatsächlich sind es mehrere Städte, aber sie sind so ineinander gewachsen, dass sie eine einzige dichte Agglomeration bilden. Der Teil, in dem ich nun für eine Woche wohnen werde, heißt Swieqi, ausgesprochen ‚Swijii‘, wie mir meine Vermieterin erzählt. Und mit ihr habe ich offenbar richtig Glück gehabt und obendrein eine hervorragende Unterkunft. Ich bewohne das Penthouse ihrer Wohnung, eigene Terrasse, eigenes Bad. Alles da, alles sauber, alles super. Die Vermieterin zeigt mir auch den Weg zur Schule, das müsste sie nicht, das ist sehr nett von ihr. Bei diesem Gang ist der grausige Anblick zum Greifen nah. Müll an jeder Ecke, Bauzäune, die aussehen, als stünden sie schon sehr lange, dazwischen Gebäude, die gewiss eine Vergangenheit als kleine Paläste hatten, aber nun verfallen – angeblich Spekulationsobjekte. Zwischen all dem dichter, lauter Verkehr auf Straßen, die sich oft Autos mit Fußgängern teilen. Ja, warum eigentlich Malta?

Vielleicht wohne ich einfach in der falschen dieser zahlreichen Städte. Das hoffe ich. Für morgen habe ich mich zu einer Fahrt nach Valletta, der Hauptstadt Maltas, angemeldet. Wer weiß, welche Antwort ich dann auf meine Frage habe, warum Malta?

Tag 2

An diesem zweiten Schultag in Malta habe ich die traurige Außenansicht der Stadtviertel ich bis jetzt gesehen hatte, etwas verarbeitet, außerdem habe ich mich sehr auf den nachmittäglichen Ausflug nach Valletta gefreut, den die Schule organisiert hat; dort musste es einfach schöner sein als in St. Julians/ Paceville, wo sich die Schule befindet und schöner als in Swiqie, wo ich wohne…

Der Unterricht hatte das gleiche hohe Tempo wie am ersten Tag, das Thema war ein neues: Wir haben gelernt, mit dem Programm Blogger.org einen eigenen Blog zu erstellen. Gut fand ich, dass wir zunächst im Plenum besprochen haben, wozu und für wen ein Blog überhaupt sinnvoll ist und was man damit machen/ bewirken kann. Die Trainerin hat uns auch einige Blogs vorgestellt, zu denen wir uns eine Meinung bilden sollten. Das war für Beginners in diesem Thema, wie mich, sehr gut; so hatte ich immerhin eine Vorstellung, was ich später createn wollte und was nicht. Dann ging es los. Das Programm war für mich nicht so selbsterklärend wie WIX für die Webseite. Auch hier gibt es wieder eine breite Auswahl an Layoutvorschlägen, Themes, Schriftarten, etc. Und was man alles in einen Blog hineinposten und -linken kann, ist sowieso unüberschaubar. Wir haben jede ein paar Seiten erstellt und diese mit Fotos, Filmen aus You Tube, Texten… bestückt, manches davon war ziemlich tricky. Und einiges für mich zu tricky und gewiss nie anwendbar. Aber ich habe einen guten Einblick bekommen und bin mit meinem Blog und meiner Leistung sehr zufrieden.

 

Die Exkursion am Nachmittag nach Valletta hat sich sehr gelohnt. Das ist schon eine sehr besondere Hauptstadt.

Sie befindet sich auf einer der vielen Landzungen der Insel, ist so klein, dass sie leicht zu Fuß zu erkunden ist, und extrem in vielerlei Hinsicht.

 

 

 

 

 

 

Da sind die alten Festungsmauern, mit denen die ganze Stadt im ausgehenden Mittelalter von den Großmeistern des Johanniterordens umgeben wurde, die steilen Straßen und Gassen, die manchmal nur aus Treppen bestehen, die hölzernen, geschlossenen Balkone, die wie Wespennester an den Fassaden hängen. Und von überall ist es nicht weit zum Mittelmeer. Daran ist besonders schön, dass die Malteser dies – wie scheinbar überall in den maltesischen Städten – gut nutzen: Jeder zugängliche Fels oberhalb des Wassers dient als Badestelle. Strand mal anders.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Tag 3

Mein dritter Tag am eti, und mir fällt plötzlich auf, dass ich gar nicht richtig weiß, wer eigentlich zu meinem Kurs gehört. Da betritt eine Frau den Raum und ich denke „Was machst sie hier?“ Es ist eine Mitlernende. Aber da wir alle stundenlang nur in unsere Laptops starren und höchstens den Kopf heben, um der Teacherin zuzuhören, haben wir nichts miteinander zu tun. Kein Austausch, kein Gespräch, wie traurig. Ein Wesenszug der Arbeit mit dem Computer.

Heute haben wir gelernt, LearningApps (am besten dieses Wort googeln) selbst zu gestalten und zu bestücken. Das ist an sich ganz nett, es hat sich aber auch gezeigt, dass man auch hier wieder scheinbar endlos viele Möglichkeiten hat, so dass dazu die Unterrichtszeit bei Weitem nicht gereicht hat. Mich erstaunt, was alles in dieser Seite bereits angelegt ist, welch riesiges Programm da geschrieben worden sein muss, damit alles so funktioniert, wie es funktioniert. Mir raucht nach drei UE der Kopf. Vor allem finde ich es anspruchsvoll, z.B. eine erstellte LearningApp in meine schon bestehende Webseite oder meinen Blog einzufügen und mir zu merken wie das geht. Da ist in jeder Hinsicht noch Luft nach oben, aber ich bin zufrieden, dass ich nun überhaupt einen Einblick und eine grundsätzliche Idee vom Entstehen so einer App bekommen habe.

Und warum nochmal eigentlich Malta? Weil ich heute mit Freunden aus der Schule einen prima Nachmittag im eti Beach Club verbracht habe; weil ich danach durch das wunderbare, alte und alterhaltene Sliema (sprich ‚Slima‘) gewandert bin, wo sehr viele Häuser noch ihre aus spanischer Zeit geschlossenen Außenbalkons erhalten

und ihre Bewohner sie schön bunt angestrichen haben; weil ich über ruhige, touristenfreie Straßen und Plätze gelaufen bin; weil ich sogar einen maltesischen Gottesdienst besucht habe, bei dem ich natürlich kein Wort verstanden, mich aber mit den innigen Maltestern gefreut habe, die sich auf ihr wichtigstes Patronatsfest vorbereiten. (Ganz Sliema ist mit Girlanden über die Straßen hinweg geschmückt); und weil ich von etlichen Kilometern zu Fuß sehr müde zurück nach Hause gekommen bin, aber dabei die ganze Zeit den schönen Gedanken hatte „Ich mag Malta.“ Na, bitte.

Tag 4

Am eti-Institute war es wieder ein schneller Tag mit vielen Inhalten. Heute haben wir vor allem gelernt, Videos mittels einer Slide Show zu erstellen. Das Programm AdobeSpark bietet – wie die schon gesehenen Programme – zahlreiche Möglichkeiten, mehr oder weniger aufwendige Filme zu produzieren; die Anwendung selbst, wenn man einmal auf der richtigen Seite ist, ist nicht allzu schwierig. Der einfachste Weg ist wahrscheinlich der, den wir genommen haben: Auf dem Screen erscheint ein weißes Viereck, in dessen Mitte ein Pluszeichen. Geht man mit der Maus darauf, kann man wählen zwischen Foto, Video und Text. Wir haben Foto gewählt. Daraufhin geht im rechten Frame eine Auswahl auf, bei der wir ‚public photos‘ und dann ein Thema gewählt haben. Die Fotos, die nun erscheinen, sind alle kostenlos und uneingeschränkt nutzbar. Durch Anklicken erscheint das gewählte Foto im Viereck. Für alle weiteren Fotos klickt man ein Pluszeichen, und auf diese Weise kann man so viele Fotos aneinanderhängen wie man benötigt. Die Reihenfolge ist jederzeit durch scratchen zu verändern. Schließlich kann man die Fotos durch Anklicken von ‚Text‘ auch beschriften, durch Anklicken von ‚Audio‘ mit Musik oder der eigenen Stimme hinterlegen. Auf diese Weise entsteht ein professionell wirkendes, kleines Werk, das sich schließlich beeindrucken flüssig als Film präsentiert. Prima Sache. Dann gibt es natürlich noch ein paar Tools, mittels derer man diesen Film z.B. in den bereits erstellten Blog oder die Webseite einfügt.

Ich merke einerseits, dass die Inhalte des Kurses nun deutlich viele werden, andererseits gewöhne ich mich mehr und mehr an den Umgang mit all diesen Werkzeugen. Deshalb bin ich hier.

Tag 5

Mein letzter Tag am eti in Malta. Heute haben wir Avatars, digitale Figuren, geschaffen. Dazu haben wir die Programme Voki.com, hexatar.com und avachara.com benutzt. Sie sind alle frei verfügbar und mit ihnen kann z.B. einzelne Figuren oder Portraits erfinden, die man statt eines Fotos verwendet, oder auch ganze virtuelle Raum- oder Landschaftsabfolgen herstellen und Figuren hinein platzieren, um eine Geschichte zu erzählen oder erzählen zu lassen. Die Möglichkeiten sind wieder grenzenlos. Ob Gender, Frisur, Augenbrauen, Kopfneigung oder die Farben für sämtliche Details einer Illustration, alles geht. Mit Voki.com habe ich einen Donald Trump mit Loorbeerkrone und Samtmantel hergestellt, der mit finnischem Akzent Unsinn spricht. Simply great!

Am Ende der letzten Einheit haben wir alle unsere Webseite und unseren Blog präsentiert, wobei schon vorher klar war, dass die meisten anderen TN großartige Seiten produziert hatten; sie waren zum Teil schon vor dem Kurs ziemlich gut im Thema und haben nur teilgenommen, um noch mehr zu lernen. Obendrein haben sie auf eigenen Laptops gearbeitet, mit denen sie natürlich perfekt vertraut sind. Ich war die einzige echte Anfängerin in diesen Dingen im Kurs und habe mir jeden Morgen ein Laptop der Schule ausgeliehen, das komplett anders war als meine Ausstattung zuhause oder im VHS-Büro. Allerdings habe ich durchaus einiges gelernt hier, und bin in das Thema ICT, Interactive Communication Technologies, in kurzer Zeit ganz gut eingestiegen. Die Kursdauer von einer Woche war für mich jedoch ausreichend Input, und ich freue mich jetzt auf weitere zwei Wochen ‚real holidays‘ hier in Malta. See you soon