von B. Roggenbach
Erasmus Mobilität in der VHS Wien oder WIEN HAT MUT
23.-27. September 2024
Das Abenteuer für meine Hospitation in der VHS Wien begann schon einige Tage vorher. Sintflutartige Regenfälle am Wochenende davor hatten für starke Beeinträchtigungen in der Stadt als auch in der Umgebung geführt und eine neu gebaute Bahnstrecke kann seitdem nicht mehr genutzt werden.
Somit konnte auch mein gebuchter Nachtzug Wien nicht erreichen und ich nahm eine Tagesverbindung mit mehrmaligen Umstiegen in Kauf, um dann noch 2 Tage vor Beginn Wien zu erkunden.
Das Wochenende begann mit einem Gang auf den Flohmarkt, der sehr zentral direkt am Nachmarkt in Wien jeden Samstagvormittag stattfindet und einen großen Fundus an Antiquitäten, Geschirr, Schmuck, Kleinkram und Kleidung bietet. Private und kommerzielle Händler*innen verkaufen dort gleichermaßen. Eine schöne Atmosphäre bei schönstem Wetter waren ein guter Auftakt.
Mir fielen in der Stadt die vielen Plakate und Beschriftungen auf.
Bio über den Tellerrand hinaus, Wir fahren Rad, Wien steht für Diversity „We are many“.
Meine Gedanken dazu waren „Ah, so macht das Wien. Wien bezieht Position und schafft Identifikationsmöglichkeiten mit einem nachhaltigen Lebensstil.“ Die vielen kleinen Restaurants, Imbissstände und Cafés spiegelten diesen Eindruck mit vegetarischen und veganen Gerichten.
Ein kulinarisches Paradies, so dass auch ich beschloss gar nicht selber in meiner Ferienwohnung in Mariahilf zu kochen, sondern mich den unterschiedlichen Genüssen hinzugeben.
Sehr schnell wurde mir in Wien bewusst, dass es eine richtige Großstadt mit viel Tourismus ist und so waren in den Einkaufsstraßen und geschichtlichen Höhepunkten im Zentrum sehr viele Menschen unterwegs. Ich versuchte jedoch kleinere Besonderheiten zu entdecken, was mir gut gelungen ist.
An dem Wochenende schaute ich mir die Hundertwasserhäuser an, als ein Beispiel für städtischen Wohnraum, den es in Wien in jedem Stadtteil zu
finden gibt. Die blockartigen Gebäude mit Innenhöfen sind alle mit ihrem Entstehungszeitraum gekennzeichnet, manche schon etwas in die Jahre
gekommen, andere modernisiert. Hinsichtlich der Stadtplanung ist Wien eine Vorzeigestadt und auch der öffentliche Nahverkehr mit U-Bahn,
Straßenbahnen und Bussen beeindruckte mich.
Bis tief in die Nacht fahren die Verkehrsmittel in schneller Taktung und ein Jahresticket kostet 365€, Ermäßigungen für Menschen mit wenig Einkommen gibt es.
Die Tickets, die 2021 eingeführt wurden, heißen Klimatickets und auch dazu gibt es eindeutige Erklärungen auf der Homepage https://www.klimaticket.at/:
„Das KlimaTicket Ö ist dabei nicht nur Ihr Ticket für alle öffentlichen Verkehrsmittel, sondern auch das Ticket, mit dem wir gemeinsam die Pariser Klimaziele erreichen wollen. Denn öffentlicher Verkehr ist die klimaschonende Alternative zum motorisierten Individualverkehr.
Je mehr mitmachen, desto besser ist es fürs Klima. Deshalb ist das KlimaTicket Ö nicht nur unkompliziert, sondern auch leistbar.“
Ich stelle mir die Frage, was anders wäre, wenn das Deutschlandticket Klimaticket hieße.
Ein Besuch im Leopoldmuseum mit den großen Meistern wie Schiele, Klimt, Oppenheimer und Münter zeigte mir auch dort Möglichkeiten einen Transfer vom Aufbruch in die Moderne um 1900 zu heute zu schlagen.
Neben einigen Werken waren Tafeln mit Informationen zur aktuellen Situation von heute dargestellt. Das Spektrum umfasste die Bereiche wie Diversity, Inklusion, Armut, Klimagerechtigkeit, Menschenrechte, Feminismus, Geschlecht.
Hier ein Beispiel:
Montag, 23.09.2024
Seit 2008 ist die VHS Wien als gemeinnützige Organisation organisiert und blickt auf eine 135jährige Tradition der Volksbildung zurück.
Ehrenamtliche Fördervereine in den einzelnen Stadtteilen unterstützen die Arbeit der GmbH an der auch die Stadt Wien mit einem Anteil von 25,1% beteiligt ist.
33 Standorte in der gesamten Stadt und sieben spezialisierte Einrichtungen treten als Bildungsnahversorger für alle Wiener*innen auf. 1000 angestellte Mitarbeitende übernehmen die Verantwortung für eine gelingende Bildung für alle.
Gemeinsam mit der Stadt werden zahlreiche Projekte umgesetzt, die Menschen eine Perspektive geben, wie kostenlose Lernhilfeprojekte in Schulen oder Trainings- und Arbeitsqualifikationen, wie beim DRZ. Auch Schulabschlüsse können nachgeholt oder Weiterbildungsmaßnahmen besucht werden.
Bestimmte Aufgaben werden zentral in Arbeitsbereichen entwickelt, um z.B. einen Kursleitungspool zu nutzen, auf den alle Zugriff haben. Die organisatorische Abwicklung von Qualifikationsstandards und die Ausstattung mit Lehrverträgen wird zentral gesteuert.
Ab Mittag habe ich die Umweltberatung (https://www.umweltberatung.at/aktuell) als eigenständiger Arbeitsbereich in Wien-Favoriten kennen gelernt. Favoriten ist ein ärmerer Stadtteil mit einem hohen Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund und steht immer wieder in den Schlagzeilen. Vor kurzem erschien eine Dokumentation in den Kinos, die eine Klasse über 3 Jahre lang begleitete.
Daniela Einsiedler, meine Ansprechpartnerin ist in der Umweltberatung für den Bereich Abfallwirtschaft zuständig. Aktuell war sie damit beschäftigt an der Nachhaltigkeitsberichtserstattung der Umweltberatung mitzuwirken, die nach EU-Vorlage Pflicht für die Stadt Wien ist.
Seit 36 Jahren gibt es die Umweltberatung, die von der Stadt Wien gefördert wird. Zu den Kund*innen gehören Privathaushalte als auch Betriebe sowie der Bildungsbereich mit Kitas und Schulen. Neben der Beratung ist der Umweltbildungsauftrag ein wichtiger Arbeitsbereich in der gesamten Umweltberatung.
Sie stellte mich den Kleinteams, die jeweils für bestimmte Schwerpunkte zuständig sind, vor. Dazu gehören die Bereiche Chemie, Ernährung und Textil, Energie, Bauen & Wohnen, Grünraum & Gärten, sowie der Geschäftsführung und der Mitarbeiterin für Marketing vor. Diese spezialisierten Teams recherchieren und stellen fachkundig Materialien zusammen.
Ziel ist es bestmöglich über „ökologisches Leben“ zu informieren, Handreichungen weiterzugeben und praktische und anwendungsbezogene Empfehlungen anzusprechen. Eine Infohotline für die direkte Kontaktaufnahme ist oftmals der Erstkontakt und wird von dort zu den Fachberater*innen weiter geleitet.
Mein Eindruck der vergangenen 2 Tage, dass die Stadt auf Nachhaltigkeit und einen umweltverträglichen Lebensstil setzt, bestätigten die Teams. Sie fühlen sich in ihrer Arbeit unterstützt und geschätzt, da die Einrichtung als erfahrener und kompetenter Ansprechpartner wahrgenommen wird.
Daniela stellte mir auch den Reparaturbonus vor. Die Stadt unterstützt
mit einem Budget Reparaturen aller Art. Privathaushalte können für die Reparatur eines Gegenstandes einen Bon anfordern und bezahlen gegen Vorlage des Bons nur 50% der Kosten. Alle Betriebe, die dabei mitmachen, sind im Reparaturnetzwerk gelistet. Ich bin bei diesem Laden vorbeigekommen, der eine große Aufschrift in seinem Schaufenster hatte.
Daniela ergänzte, dass es immer wieder Kieztouren zu solchen Reparaturbetrieben gibt, während meines Aufenthaltes hat leider keiner stattgefunden.
Mit einer Fülle voller Infomaterialien ging mein erster Tag zu Ende.
Dienstag, 24.09.2024
Der Dienstag begann im DRZ in Wien, dem Demontage- und Recyclingzentrum Wien im Stadtteil Penzing. Dort erwartete mich die Leiterin Katharina Lenz.
Wie ich im Verlauf des Tages erfuhr war sie selber einmal Teilnehmerin einer Arbeitsmaßnahme nachdem sie aus der Museumsarbeit ausgestiegen, sie sich als Künstlerin selbständig machte und dort aber nicht wirklich Fuß fassen konnte.
An diesem Vormittag begannen vier neue Teilnehmende an einem der 40 Trainingsplätze des sozio-ökonomischen Betriebes. Sie ließ mich und eine weitere Mitarbeiterin aus der VHS-Abteilung Personal an der Einführung teilnehmen, die sie mit PPP und Anschauungsstücken gestaltete.
Die Trainingsarbeitsplätze verfolgen das Ziel die Menschen mit Unterstützung durch sozialpädagogische Beratung in den 1. Arbeitsmarkt zu integrieren. Auf die Vorbehalte von den neuen Teilnehmenden, ob dies gelingen könnte, ging sie mutmachend ein und unterstrich die gute Zusammenarbeit mit der freien Wirtschaft.
Sie stellte die Aufgaben und Ziele des DRZ anschaulich dar und die verschiedenen Arbeitsbereiche wie Abholung des Schrotts, Sortierung, Demontage, Reparatur und Verkauf. Für maximal 6 Monate erhalten die Teilnehmenden eine Bewilligung und arbeiten zu Beginn 15 Std. in der Woche.
Teilnehmende, die arbeitsfähiger werden, können einen der 10 Transitarbeitsplätze erhalten, bei denen sie 35 Std. die Woche arbeiten, um dann von den Betrieben übernommen zu werden. 15 Schlüsselkräfte in der Leitung und Administration kümmern sich um die Aufträge, Kontakte mit dem zuweisenden Amt und Integration.
Inhaltlich ist der Betrieb in ein Kreislaufsystem der Abfallwirtschaft angesiedelt und auch dem entsprechenden Amt der Stadt Wien unterstellt:
Dieser Kreislauf umfasst die Abholung von Elektroschrott von 13 Wiener Mistplätzen (=Schrottplatz), die Zerlegung, Reparatur und Verkauf an Verbraucher oder an einen Trödelmarkt der Stadt sowie die Zuführung sortierter Bestandteile wie z.B. Kupfer an weitere Betriebe.
Besonders interessant war auch die Produktpalette der hauseigenen Designmarke trash_design.
Dort werden z.B. Buchstaben einer PC-Tastatur zu Ringen verarbeitet oder aus Halbleitern entstehen tolle Uhren. Leider ist die Fortsetzung dieses Arbeitsbereiches aktuell gefährdet, da sich keine Anleitung mit einer Doppelqualifikation (Industriedesign und pädagogischer Ausbildung) finden lässt. Bisherige Einstellungen wurden nach wenigen Monaten wieder aufgelöst.
Die Einführung umfasste auch eine Sicherheitseinführung und Erklärungen zum Arbeitsschutz für die neuen Teilnehmenden.
Nach einer kurzen Pause wurden wir durch den gesamten Betrieb geführt und erhielten Einblick in die unterschiedlichen Arbeitsbereiche, die Arbeitsplatzausstattung und einzelne Tätigkeiten. Die Anlieferung und Ausladung eines Lastwagens bekamen wir genauso mit, wie Verkaufsgespräche mit Endverbraucher*innen. Katharina Lenz empfahl mit auch einen Besuch bei einem weiter sozio-ökonomischen Betrieb, in dem Jugendliche aus Bannern von Museen Taschen in jeglicher Ausführung und Accessoires nähen.
Interessant finde ich, wie das DRZ seinen Beitrag zur Nachhaltigkeit auf seiner Website präsentiert:
„Als EMAS und EfB zertifizierter Sammler- und Behandler-Betrieb verwerten wir über 1.500 Tonnen Elektroschrott im Jahr.
Damit tragen wir unseren Teil bei zur Umsetzung der UN Nachhaltigkeits-Ziele (SDGs). Um nur die Wichtigsten zu nennen:
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- Bei uns erhalten Menschen die Chance, ihre Lebenssituation insgesamt zu stabilisieren, mit dem Fokus auf zukunftsfähige menschenwürdige Arbeit (SDG 8).
- Die Stadt Wien unterstützen wir dabei, besonders problematischen Abfall (Elektroaltgeräte) sozial und ökologisch nachhaltig zu behandeln (SDG 11).
- Nicht zuletzt ermutigen wir zu bewusstem Konsum und nachhaltiger Nutzung hochwertiger Elektro- und Elektronik-Geräte (SDG 12).“
Den Nachmittag verbrachte ich in der Fotoausstellung World Press Foto und lernte wiederum einen anderen Bezirk in der Stadt kennen.
Mittwoch, 25.09.2024
Am Mittwoch führte mich der Weg zur VHS Favoriten in das Team Lernraum mit Angelika Hrubesch und Dilek Tasdemir.
Innerhalb des Lernraum.wien wurden schon viele Erasmus-Projekte z.T. mit internationalen Partner*innen durchgeführt. Die Projekte entwickeln sich weiter, so dass aus einem abgeschlossenen Projekt eine neue Idee entsteht. Der Lernraum versteht seine Arbeit wie folgt: angewandte Forschung und Lehre greifen ineinander.
„Wir führen qualitative und quantitative Erhebungen innerhalb der Volkshochschulen sowie mit Partner*innen in Österreich durch und beteiligen uns an internationalen Projekten. Zugleich bewegen wir uns in den Forschungsfeldern Migration und Migrationspädagogik, Demokratisierung von Bildung, Bildungsungleichheit und -ungerechtigkeit, Nachhaltigkeit von Bildung sowie Mehrsprachigkeit auf individueller und struktureller Ebene. Unsere Ergebnisse bilden sich in Publikationen und Berichten ab und finden Eingang in Lehre und Praxis unserer Aus- und Weiterbildungen.“
https://www.vhs.at/de/e/lernraum-wien
Über das Projekt TALE, an dem auch der DVV beteiligt ist, konnte ich Kontakt zu Frau Hrubesch knüpfen, die mich an die Ansprechpartnerin für die persönliche Hospitation vermittelte und darüber die persönliche Hospitation entstand.
Aktuell arbeitet das Team daran, die Öffentlichkeitsarbeit für Menschen mit geringen Lese- und Schreibkenntnissen zu intensivieren, um diese in bestehende Angebote zu vermitteln.
Hier ein paar weitere Beispiele für die Themenbereiche:
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- Erstellung von Materialien und Konzeptionierung von Partizipationsmöglichkeiten für Menschen in Grundbildungskursen
- Schaffung von sicheren Lernorten für marginalisierte Gruppen durch offene Räume am VHS- Standort wie PC´s zur freien Verfügung, offener Eingangsbereich mit Spielmöglichkeit für Kinder: die VHS hat offene Türen und kann für Menschen des Viertels als Aufenthaltsraum genutzt werden incl. PCs, Teeküche
- Evaluation von kostenfreien Basisbildungskursen auf das Leben der Lernenden
Schwerpunkt unseres Gespräches waren die Erfahrungen und Ergebnisse im Projekt TALE, wo neben Deutschland, Finnland, Ungarn, Griechenland, Irland und die Schweiz Projektpartner sind.
10 Erwachsenenbildungsinstitutionen arbeiten daran, transformative, kollaborative und partnerschaftliche Lernansätze für den ökologischen Wandel zu finden und Lernsettings zu schaffen, die diesen Prozess fördern.
Wichtigstes Ergebnis von TALE ist, dass es um den Prozess des Lernens anstelle von konkret erreichten Zielen geht. Gelingend ist die Kooperation mit Partner*innen in den Stadtteilen, die unmittelbaren Zugang zu den Nutzer*innen haben, wie am Beispiel in Wien der MILA Mitmachsupermarkt, mit dem ein Termin am Donnerstag vereinbart war.
Die Ergebnisse von TALE werden auch in die Struktur der klassischen VHS-Arbeit in Form von Kursen und Angeboten einfließen.
Die beiden Ansprechpartnerinnen verwiesen auch auf die Ergebnisse, die auf der Website zur Verfügung gestellt werden und an deren Ergebnissicherung aktuell gearbeitet wird.
Am Nachmittag habe ich ergänzend zur Hospitation Frau Drosg-Plockinger vom Beratungsunternehmen MehrWerte getroffen, die mir Florin Feldmann vom Landesverband der Volkshochschulen SH empfohlen hat. Frau Drosg-Plockinger berät Unternehmen bei der Umsetzung von Nachhaltigkeitszielen. Die SDG-Onlineakademie, die sie entwickelt hat, verknüpft sie mit Ansätzen aus der Gemeinwohlökonomie.
Wir tauschten uns über ihre Coachings und Trainings und meine geplanten Gesundheitswochen aus und mögliche Kooperationen für eine Lernreise BNE in Wien.
Donnerstag, 26.09.2024
Nachdem ich gestern in der VHS Favoriten von der Kooperation im MILA Mitmachsupermarkt gehört hatte, konnte ich mir den genossenschaftlich organisierten Betrieb anschauen. Seit ein paar Wochen hat er in Meidling einen neuen Standort bezogen, damit er zum Frühjahr 2025 mit einem Supermarkt-Vollsortiment auf 2 Etagen, einer Lern-Küche und einem Seminarraum sein Angebot deutliche vergrößern kann.
Die aktuellen Öffnungszeiten sind an 2 Tagen in der Woche.
Während meiner Anwesenheit wurden von 3 Genossenschaftsmitgliedern die Waren in die Regale sortiert und das inzwischen hauptamtliche Personal war emsig beschäftigt.
Fokus hat aktuell die Organisation des Aus- und Umbaus der Ladenräume sowie die Mitgliederneugewinnung. Dies wird durch regelmäßige Infoveranstaltungen vorangetrieben, damit aus den aktuellen 700 Mitgliedern zur Erweiterung 1000 Mitglieder im Supermarkt einkaufen werden. Inzwischen – Ende Oktober 2024 – liegt die Zahl schon bei 842 Genoss*innen.
Schwerpunkt sind hauptsächlich regionale Bioprodukte ergänzt durch wenige konventionelle Lebensmittel zu einem günstigen Preis.
Brigitte Reisenberger, Ehrenamtliche für die Öffentlichkeitsarbeit, war meine Ansprechpartnerin und ist seit Beginn der Gründung der Genossenschaft und Eröffnung des Minimarktes in Ottakring dabei.
Sie beschrieb die Motivation für Menschen mitzumachen sehr unterschiedlich:
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- Hochwertiges Sortiment
- Community: es ist mein Supermarkt
- Stressfreies Einkaufen
- Das Miteinander
- Leidenschaft für gutes Essen
- Faire Bezahlung der Produzent*innen
Die Genossenschaft organisiert sich nach dem Konsentprinzip (keiner sagt NEIN), um Entscheidungen schnell treffen zu können. Gearbeitet wird in Arbeitsgruppen wie z.B. Sortiment, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit, die Verantwortung für ihren Bereich übernehmen und die Ergebnisse in die Gesamtorganisation einfließen
Die Organisation des Ladens mit Einräumen, Kasse, Säuberung erfolgt über die 3 Std. monatlich, die sich alle Genossenschaftsmitglieder einbringen müssen.
Auch der Umzug und die neue Lage wurde auf einer Vollversammlung der Genossenschaft entschieden. Alle Mitglieder sind stimmberechtigt und zahlen als Einlage 180€, ein möglicher Sozialrabatt für 20€ ist der Genossenschaft wichtig, um sich breit aufstellen zu können.
Da der Supermarkt für alle Menschen in Wien zur Verfügung stehen soll, waren eine gute Anbindung an die Ü-Bahn und Nähe zur Haltestelle, Barrierefreiheit und sowie eine Verortung in einem traditionellen Stadtteil wichtige Kriterien.
Die Genossenschaft wird mit geförderten Arbeitsplätzen durch die Wirtschaftsagentur Wien unterstützt. Brigitte beschrieb, dass der Zugriff auf Fördermöglichkeiten sehr schwierig ist, da diese in der Regel nicht auf Genossenschaften ausgelegt sind.
Die Beteiligung am Projekt TALE war für MILA eine gute Möglichkeit für die Vernetzung und Bekanntmachung bei den umgesetzten Aktivitäten wie bei einem Kochevent im Park.
Wichtige Erkenntnis war für mich, dass großer Wert auf die Identifizierung mit dem eigenen Supermarkt gelegt wird, indem Produktwünsche in ein Wünschebuch geschrieben werden können, Ideen für gemeinsame Aktivitäten durch die räumliche Erweiterung möglich sind und Kooperationen im Stadtteil aufgebaut werden.
Das Einkaufsverhalten zielt darauf ab die Mitglieder an den Einkauf im MILA zu binden, um die Kosten zu tragen.
Ein Rundgang und kleiner Einkauf im Markt beendeten unser Gespräch. Mich überzeugte die Präsentation – schade nur, dass ich nicht in Wien lebe, ich würde sofort Mitglied werden.
Nach einer Mittagspause mit syrischem Essen auf dem Brunnenmarkt, hatte ich am Nachmittag ein Gespräch mit Beatrix Binder aus dem Programmmanagement der VHS Meidling für Gesundheit, Wirtschaft/ Management, Persönlichkeitsbildung, Politik/ Gesellschaft, Science/ Naturwissenschaften und Diplomlehrgänge. Die Mitarbeiterin mit einer Reihe von Verantwortlichkeiten zeigte mir Räume und stellte mich einigen Kolleg*innen vor.
Überrascht war ich, dass auch sie in einem Büro mit weiteren 3 Kolleg*innen sitzt, unser Gespräch fand beim abwesenden Leiter der VHS Meidling statt.
Die Belastung durch Telefonate der anderen stelle ich mir groß vor und erinnerte mich an eine eigene berufliche Tätigkeit mit nur einer anderen Kollegin im Büro und an einen Arbeitsplatz in einem Durchgangsraum.
Wie froh bin ich, dass ich mein eigenes kleines Büro in Ahrensburg habe.
Beatrix Binder ist seit 30 Jahren in der VHS Meidling tätig und ist Ausbilderin für Sozial- und Gesundheitsberufe. Aus diesem Grund gibt es an diesem Standort auch einen Schwerpunkt für Qualifizierungen im Bereich Kita- und Hortpädagogik. Auch für den Bereich Wrtschaft und Management gibt es internationale Zertifikate.
Wir sprachen über die Bedeutung, dass sich die VHS in Regionen zusammengetan haben und gemeinsam ihr Programm abstimmen. Das bedeutet, dass darauf geschaut wird, dass Kurse an unterschiedlichen Tagen in den VHS Häusern laufen und nicht alle am Dienstag den Gitarrenkurs im Programm haben. Die Regionen wurden so zusammengefasst, dass man die einzelnen Standorte mit Öffis gut erreichen kann.
Neben der kundenorientierten Angebotsplanung bedeutet es auch, dass die Kursleitungen an unterschiedlichen Standorten tätig sein können ohne sich gegenseitig Konkurrenz zu machen.
Im Kreis Stormarn, zu dem die VHS Ahrensburg gehört, gibt es diese Kooperation bisher nur im Bereich EDV.
Die Kooperation im Stadtteil funktioniere sehr gut und zeigt sich in gemeinsamen Veranstaltungen wie dem „Sozialen Wohnzimmer“ – ein Stadtteilfest, an dem sich alle Einrichtungen beteiligen. Für neue Ideen findet sie auf Grund der langjährigen Zusammenarbeit immer geeignete Partner*innen. Das Regionalforum, welches 4x jährlich tagt, unterstützt die Vernetzung.
Im Bereich BNE plant die VHS ein monatliches Umweltcafé. Dort soll „Wissen in einfachen Häppchen“ vermittelt werden und wird von der Umweltberatung begleitet. Anreiz dafür ist auch, dass die Stadt Wien mit dem Ökobonuns Betriebe und Organisationen auszeichnet, die Nachhaltigkeit umsetzen.
https://www.wien.gv.at/umweltschutz/oekobusiness/modul-oekobonus.html
Durch die Umweltberatung unter dem Dach der VHS Wien ist damit die gegenseitige Unterstützung gesichert.
Als Marketingstrategie beteiligt sich die VHS auch an der Jö-Karte, eine Bonuskarte über die die Gebühr mit 10% Ermäßigung vergünstigt wird.
Auch diese VHS, direkt neben einer Gewerbeschule, ist ein großes Haus mit Sitzgelegenheiten auf den Gängen und öffentlichen PCs. Sie wird auch von jüngeren Menschen, die ausbildungsbegleitend unterstützt werden oder Menschen, die ihr Abitur nachholen wollen, besucht.
Viele Zielgruppen, viele Anlässe schaffen aus meiner Sicht gute Möglichkeiten auch neue Themen zu platzieren und die Zielgruppen direkt anzusprechen.
Bekanntheit, gute räumliche Ausstattung und örtliche Lage ermöglichen auch, dass ergänzend Kulturangebote in der VHS stattfinden. Somit schöpft die VHS aus meiner Sicht eine große Palette von Bildung und Teilhabe aus, die sich in den klassischen Kursangeboten, Lehrgängen mit Zertifikaten, Lernförderung aber auch Veranstaltungen zeigt.
Beatrix Binder hat selber auch schon andere VHSen in Deutschland wie bspw. Berlin besucht und so vereinbarten wir, miteinander in Kontakt zu bleiben.
Den Spätnachmittag verbrachte ich dann mit einer Stadtführerin für Frauenspaziergänge, die die Frauen mit ihren Geschichten und Texten zum Leben erweckte, die meist nicht Bestandteil einer Stadtführung sind. Auch diese kann ich nur empfehlen: https://frauenspaziergaenge.at/
Freitag, 27.09.2024
Der letzte Tag meiner Mobilität führte mich in den Bezirk 1, die Innenstadt mit den vielen Hot-spots der Stadt.
Die Stadt hat sieben Lastenräder mit unterschiedlichen Klimathemen zu einer Klimatour entwickelt. Vier von diesen zu den Themen Abfall, Energie + Wasser, Mobilität und Ernährung wurden auf einem Platz neben eine Schule gestellt.
Meine Ansprechpartnerin Nadine von der Umweltbildung war für das Lastenrad Ernährung zuständig, die anderen Räder wurden von Mitarbeitenden aus den Ämtern der Stadt betreut. Klassenweise wanderten die Jugendlichen des 9. Jahrgangs zu den einzelnen Stationen, bekamen Impulsfragen an die Hand und recherchierten dazu die Infos auf dem Lastenrad. Ein Abschlussgespräch nach jeder Runde vervollständigte die Information.
Als Einstieg wählte Nadine den persönlichen Bezug und stellte fest, was die Jugendlichen zum Thema bereits wussten. Ich beobachtete, dass die Jugendlichen nach den ersten Momenten der Zurückhaltung neugierig waren, was sich in den Schubladen zum Thema verbarg und sie schnell die geschriebenen Infos aufnahmen. Obwohl es an mehreren Stellen QR-Codes gab, sah ich niemanden, der diese scannte.
Mir haben diese Lastenräder sehr gut gefallen. Viele Infos, gut präsentiert und gut nutzbar für viele Aktivitäten. Ich hatte im Vorfeld gesehen, dass die Klimatour auch auf Straßenfesten zum Einsatz kommt und es auch eine Reihe von Anschauungsmaterialien gibt, z.B. Lebensmittel mit einem hohen Eiweißanteil.
Nach der ersten Klasse wurde der Regen schlimmer und so wurden die Gespräche über die 4 Themen in einen Klassenraum verlagert. Zwei Mitarbeiterinnen der Stadt hatten eine PPP dabei, so dass anhand derer das Thema erläutert wurde. Die anderen beiden suchten mit Fragen und Informationen das Gespräch mit den Schüler*innen zu beleben.
Für die Zukunft wäre es gut, wenn ein Plan B entwickelt wird, damit klarer kommuniziert werden kann, was in einem solchen Fall von schlechtem Wetter passiert. Leider hatte die Schule keine überdachte Fläche.
Das Abschlussgespräch mit Nadine ergab, dass in der Vergangenheit die Touren ausgefallen sind und sie an dem Tag das erste Mal dabei war. Mit diesem praktischen Teil ging der letzte Tag zu Ende.
Den letzten Tag meines Aufenthaltes in Wien am Samstag verbrachte ich mit einem erneuten Flohmarktbesuch, einer Fahrt zur ältesten VHS Urania und ausgiebigen Spaziergängen im Park Belvedere bis ich dann am Abend mit dem Nachtzug pünktlich Hamburg und später dann meinen Wohnort Lübeck erreichte.
Und nun?
Ich habe in Wien erlebt, wie die Nachhaltigkeitsziele der UN umgesetzt werden. Der Transformationsprozess für nachhaltige Entwicklung zeigt sich im öffentlichen Stadtbild durch Plakate, Fahrradstraßen und Veranstaltungen wie z.B. eine Repair-Messe.
Durch die öffentliche Präsenz kann ein Identifikationsprozess mit den Zielen entstehen und es wird immer selbstverständlicher einen ressourcenschonenden und umweltverträglichen Lebensstil zu führen. Der öffentliche Nahverkehr spielt eine wesentliche Rolle bei der persönlichen Mobilität, ist kostengünstig und unterliegt einer schnellen Taktung und hat eine KlimaTicket.
Die Rolle der Stadt und die Beteiligung der VHSen an den unterschiedlichen Standorten wird sichtbar und zeigt sich in der räumlichen Ausstattung, der Öffnung für die Menschen in den Stadtteilen und über Statements auf den Websites.
Durch diesen Geist bin ich ermutigt im Rahmen meiner Arbeit in der VHS Ahrensburg ebenfalls konkreter Position zu beziehen und Möglichkeiten zu finden, das Thema sichtbarer zu machen und als solches zu benennen.
Die Mitarbeitenden der unterschiedlichen Bereiche sind interessiert daran in Kontakt zu bleiben, so dass wir auch zukünftig über Formate, die ausprobiert werden voneinander lernen können und eine Vernetzung über Schleswig-Holstein hinaus möglich ist.
Für die Erweiterung unserer Zielgruppen habe ich Anregungen mitgenommen bestehende Angebote in Ahrensburg mit einem Bildungsangebot zu ergänzen. Dazu neue Durchführungsorte zu finden und jüngere Zielgruppen und Familien zu finden, möchte ich in meinem Team diskutieren.
Über den Zugang zu Arbeitsmaterialien und den Austausch darüber haben sich meine methodischen Kompetenzen erweitert.
Toll, dass es diese Möglichkeit über Erasmus+ gibt, vielen Dank!
Beatrice Roggenbach, VHS Ahrensburg